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Dr. Luise Winter (l.) überzeugte Athletin Vanessa Giesenberg (r.), den zahnmedizinischen Bereich "Special Smiles" des Gesundheitsprogramms "Healthy Athletes – Gesunde Athleten" auszuprobieren.
Jahrelang traute sich Vanessa Giesenberg nicht mehr in eine Zahnarztpraxis. Ein Erlebnis ließ sie nicht mehr los: "Ich wollte die Behandlung nicht und wurde einfach festgehalten. Ich hatte Angst, habe gezittert und geschwitzt und wollte nur noch raus. Ich war traurig und enttäuscht", erzählt die Radsportlerin, die 2023 als inklusive Redakteurin über die Special Olympics Weltspiele in Berlin berichtete.
So wie Vanessa Giesenberg geht es auch anderen Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung. Sie wünscht sich deshalb spezielle Fort- und Weiterbildungen für Ärztinnen und Ärzte: "Um sie dafür zu sensibilisieren, wie sie mit uns umgehen können und wo die Grenzen sind."
Einfach über Gesundheit sprechen
"Es kann unterschiedliche Hindernisse geben, die Menschen den Zugang zur Versorgung erschweren", so Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. "Das müssen und das wollen wir ändern." Im Herbst 2023 kündigte er an, mit Fachleuten und Betroffenen einen Aktionsplan für ein inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen speziell für Menschen mit Behinderungen zu erarbeiten.
Die zwischenmenschliche Beziehung ist wichtig, damit Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung im Krankenhaus oder in einer Praxis Vertrauen zu ihrem Gegenüber fassen. Doch gerade Gespräche über medizinische Themen fallen ihnen oft schwerer als anderen: Sie verstehen lange Sätze, Fremdwörter und medizinische Fachbegriffe nicht. Für vereinfachte und dabei ausreichende Erklärungen fehlt es Ärztinnen und Ärzten oft an Zeit. Auch Texte im Internet oder in Gesundheits-Apps zu Vorsorge und einem gesunden Lebensstil sind für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung oft zu kompliziert. "Es ist wichtig, dass wir sie erreichen, auf sie zugehen und mit den notwendigen Informationen versorgen", sagt Dr. Imke Kaschke, Direktorin Gesundheit beim Verein Special Olympics Deutschland e. V. "Hier leistet Leichte Sprache einen wesentlichen Beitrag und ist eine wertvolle Möglichkeit, um diese Menschen in ihrer Entwicklung und Teilhabe zu unterstützen." Wie das gelingen kann, zeigt das Internetportal gesundheit-leicht-verstehen.de: Dort hat der Verein Special Olympics wichtige Informationen in Leichter Sprache zusammengestellt.
Im Special-Smiles-Bereich des Gesundheitsprogramms "Healthy Athletes®" bei den Special Olympics Weltspielen 2023 in Berlin wird ein Datenschatz erhoben, der zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung beitragen soll.
Untersuchungen bei Wettkämpfen
Bei regionalen, nationalen und internationalen Wettkämpfen der Special Olympics können Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit intellektueller Beeinträchtigung Augen, Ohren, Füße, Mund und Zähne sowie Ausdauer und Fitness untersuchen lassen. Sie bekommen Tipps, wie sie Stress vermeiden, gesund leben und sich gesund ernähren können. Die Untersuchungen zeigen: Viele unter den Mitwirkenden tragen zu kleine oder zu große Schuhe, haben Übergewicht, Karies, können schlecht hören und sehen. Warum fällt das ansonsten niemandem auf? Vanessa Giesenberg, die in einer Wohneinrichtung in Bremen lebt, sagt: "Es gibt einfach zu wenig Betreuerinnen und Betreuer. Sie haben keine Zeit, sich darum zu kümmern."
Die Radsportlerin hat ihre Angst heute überwunden. Vor zwei Jahren nahm sie an den nationalen Special Olympics teil. Von ihrer Betreuerin und einer Zahnärztin ließ sie sich überreden, den zahnmedizinischen Bereich „Special Smiles“ des Gesundheitsprogramms "Healthy Athletes® – Gesunde Athleten" auszuprobieren und ihre Zähne kontrollieren zu lassen. "Alle waren freundlich und einfühlsam. Es wurde nichts gemacht, was ich nicht wollte. Und mir wurde alles erklärt, auch in Leichter Sprache", erzählt Vanessa Giesenberg. Inzwischen hat sie eine Zahnärztin gefunden, der sie vertraut: "Ich freue mich jedes Mal, wenn ich zu ihr gehe."
Bundesminister für Gesundheit
Es kann unterschiedliche Hindernisse geben, die Menschen den Zugang zur Versorgung erschweren. Das müssen und das wollen wir ändern.
Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung
Viele Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung möchten nicht länger als "geistig behindert" bezeichnet werden, weil sie diesen Begriff als herabwürdigend empfinden. Eine einheitliche Definition von „geistiger Behinderung“ ist zudem schwierig. Denn die Betroffenen haben ganz unterschiedliche Fähigkeiten und Kompetenzen sowie sehr individuelle Erscheinungsbilder.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte nutzt die Bezeichnung "Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung", angelehnt an die englische Formulierung "intellectual impairments".
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